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Haushalt 2021 +++ Antrag: Parkraum besser managen +++ Rechtsförmlichkeit der StVO




Liebe Leserinnen und Leser,


willkommen in der nächsten Sitzungswoche, diesmal dreht es sich fast ganz um den Haushalt - dazu gleich mehr. Fast ganz? Ja, nur fast. Denn auf zwei weitere Punkte sei hingewiesen: zum einen wird am Freitag eine parlamentarische Rederunde zu 30 Jahren Einheit durchgeführt. Schaun wir mal.


Zum zweiten kommt es am Donnerstag vielleicht zu einer denkwürdigen Sitzung des Untersuchungsausschusses zur PKW-Maut. Warum denkwürdig? Jetzt kommt viel Info:


Am 25.9.2019 wurde Verkehrsminister Scheuer in der Fragestunde des Parlaments von mehreren Abgeordneten der FDP und der Bündnisgrünen (;-) erst herbeizitiert und dann intensiv befragt. Es ging um Treffen und Gesprächsinhalte mit den Mautfirmen rund um den raschen Vertragsabschluss. Nach Scheuers Aussagen soll es bei den Gesprächen nur um technische und organisatorische Dinge gegangen sein. Das steht in Widerspruch zu Gesprächsvermerken der Mautunternehmen, über die in dieser Woche etwa der Spiegel berichtete. Nun werden die Beteiligten dieser Gespräche am Donnerstag im Untersuchungsausschuss befragt. Abends ist der Verkehrsminister dran. Im U-Ausschuss gilt für alle Zeugen eine strafbewehrte Wahrheitspflicht. Eine falsche uneidliche Aussage kann durchaus erhebliche Folgen haben. Daher wird interessant, ob der Widerspruch durch den Verkehrsminister aufgelöst wird - oder er sich in weitere Widersprüche verwickelt. Am Ende steht die Frage, ob der Verkehrsminister Scheuer im Bundestag wissentlich die Unwahrheit gesagt hat. Und welche Folgen das hat.


Dazu ein letztes interessantes Detail: bislang wurde Bundesminister Scheuer durch seine Partei gedeckt, genauso wie von deren Vorsitzenden Markus Söder. Er hatte fast so etwas wie Narrenfreiheit. Ebendieser Söder jedoch hat sich am Wochenende inhaltlich mehrere Kilometer von Scheuer abgesetzt. Söder hat nämlich mal eben - als guter Showmaster - das Ende für Verbrenner-Autos ab 2035 gefordert (die Kaufprämie für Verbrennerautos findet er aber weiter topp). Der Verkehrsminister Scheuer steht ja bekanntlich auf diese Zukunftstechnologie mit den dieselrußenden Auspuffen.


Interessant, oder? Aber genug vom Gossip und zu den Themen:



Bundeshaushalt: Radmittel steigen aber kommen nicht an


Diese Woche wird im Bundestag der Haushaltsentwurf für 2021 eingebracht. Kurz gesagt: Scheuer festigt seinen Kurs einer Verkehrspolitik aus dem 20. Jahrhundert weiter. Von Klima- und Umweltschutz ist kaum etwas zu sehen.


Die Ausgaben im Bereich Verkehr summieren sich auf 34 Mrd. Euro. Der größte Teil davon, fast 33 Prozent, geht wie immer mit fast 11 Mrd. Euro in den Straßenbau. Für den Radverkehr fallen nur 1,1 Prozent der Mittel ab. Immerhin ist das ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr (auf 378 Mio. 2021 von 181 Mio 2020). Der Druck auf Scheuer zeigt also Wirkung - noch allerdings eher im Millimeterbereich. Am meisten kommt beim Programm „Stadt und Land“ drauf (Anstieg von 20 Mio. 2020 auf 185 Mio. 2021). Die Mittel für die Radschnellwege verdoppeln sich auf 50 Mio. Auch wenn das auf den ersten Blick gut wirkt, steckt wie bekannt der Teufel im Detail: Die Mittel im Programm "Stadt und Land" können fast ein Jahr nach der Implementierung in den Haushalt 2020 noch immer nicht beantragt werden. Damit ist die vermeintliche Erhöhung nur eins: ein Papiertiger. Die Engagierten in den Kommunen und Landkreisen warten auf die finanziellen Mittel, damit die Verkehrswende umgesetzt werden kann. Auch die Mittel für die Radschnellwege bleiben übrigens zu großen Teilen liegen. Wenn Scheuer also den Ansatz von 200 Mio. auf 300 Mio. anhebt, aber dann das Geld nicht investiert, ändert das nichts an den fehlenden Radwegen.




Grüner Antrag: Parkraum für Verkehrswende besser managen


Der Deutsche Städtetag weiß es, das Umweltbundesamt ebenfalls und Agora Verkehrswende sagt es schon lange: "Städte sind keine Parkplätze, Städte sind Orte zum Leben". Das BMVI aber bastelt weiter an der Stadt der 70er Jahre - des letzten Jahrhunderts. Um die Debatte um die Nutzung des Stadtraums zu eröffnen, haben wir einen Fraktionsantrag zum Parkraummanagement vorgelegt. Wir fordern darin unter anderem den geltenden Grundsatz zum Parken umzukehren: Das Parken soll überall verboten sein, wo es nicht explizit erlaubt wird. Zudem müssen städtische Verkehrswege anders als aktuell von außen nach innen geplant werden. Das heißt, zuerst muss genügend Platz für zu Fuß Gehende und Radfahrende geplant werden. Den ganzen Antrag mit vielen weiteren sicherlich kontroversen Punkten finden Sie hier, genau wie einen pointierten Kolumnenbeitrag dazu auf Zeit Online:




Drama um die Bußgeldnovelle


Eine Einigung der Länder in der Bußgeldfrage ist bekanntlich im Bundesrat am 18. September gescheitert. Zur Abstimmung standen eine von den Grünen eingebrachte Variante, die den Formfehler "heilt" und die Novelle rechtssicher auf den Weg bringt (blockiert von den Unionsländern) und die von Scheuer propagierte Variante, die den Formfehler "heilt" und zugleich die im Februar im Bundesrat beschlossenen Strafen für Raser wieder aufweicht (blockiert von den grünen Ländern). Dass eine einfache Neuverkündung der Novelle von Scheuer und Union blockiert wurde, hinterlässt massive Bedenken bezüglich deren Demokratieverständnis. Eine Abstimmung so lange zu wiederholen, bis einem das Ergebnis passt, das kennen wir sonst nur aus kaum demokratischen Ländern.


Zu Beginn der Farce hat Scheuer zudem nicht gezögert, den Formfehler den Ländern und dem Justizministerium zuzuschieben. Dies, so zeigt die Antwort auf meine Mündliche Frage zum Verfahren der Rechtsförmlichkeitsprüfung, ist nicht mehr haltbar. Der Fehler lag klar im Verkehrsministerium, das dem Justizministerium eine viel zu kurze Frist gesetzt hatte, um die gesamte Novelle zu prüfen. Die Rechtsprüfung wurde zwar abgeschlossen - das übliche Rechtsförmlichkeitsattest jedoch nicht ausgesprochen. Dass Scheuer reflexartig erst mal auf andere zeigte, als der Fehler bekannt wurde, spricht mal wieder Bände.




Bleiben Sie gesund

Ihr Stefan Gelbhaar

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