Liebe Leserinnen und Leser,
mit einer Novelle des Infektionsschutzgesetzes sollen nun - nach über einem Jahr Pandemiebekämpfung - bundesweite Regelungen getroffen werden. Klarer Vorteil bundesweiter Regelungen: viele Menschen konnten die 16 Regelkataloge der Bundesländer und die diverse Berichterstattung darüber nur noch bedingt nachvollziehen. Trotzdem ist entscheidend, was denn nun geregelt wird und ob sich damit für die konkrete Situation in der Gemeinde vor Ort passende Lösungen finden lassen.
Die bislang bekannt gewordenen Vorschläge für die Novelle lassen zweifeln: Statt über den Umgang mit den vielen Kontakten in Büros und Betrieben zu diskutieren, wird eine nächtliche Ausgangssperre angedacht. Die rechtlichen Probleme wären der Novelle auf die Stirn geschrieben, Stichwort Verhältnismäßigkeit im Vergleich zu anderen, stärker wirkenden Maßnahmen wie umfangreiche Testpflichten von Unternehmen und Home Office Pflicht da, wo möglich.
Die Hauptkritik aber bleibt. Wenn die Kanzlerin sagt: "Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt", der muss diesen Worten Taten folgen lassen. Der größten Krise begegnet man nicht mit Bordmitteln der Verwaltung, sondern richtet Pandemieräte und Krisenstäbe ein - auch um eine Ministerpräsidentenkonferenz gut vorzubereiten und stetig zu begleiten. Das gilt übrigens auch weiterhin, auch wenn jetzt mit Bundesregeln gearbeitet wird. Denn die Umsetzung wird weiter mit den Länder- und Stadtverwaltungen erfolgen.
Aber nun zum verkehrspolitischen Aufwisch dieser Woche:
Maut-Untersuchungsausschuss: Scheuer provoziert Sondersitzung
Andreas Scheuer hatte stets betont, alle relevanten Unterlagen zur Verfügung zu stellen - formuliert von "volle" bis "maximalmögliche" Transparenz. Doch bei diversen E-Mails war dann Schicht im Schacht: nur ausgewähltes wurde dem Ausschuss übermittelt. Aber z.B. keine Mails, die zwischen ihm und dem zuständigen Staatsekretär Dr. Schulz ausgetauscht wurden. Ende Januar bestätigte der Bundesgerichtshof, dass der Ausschuss alle angeforderten E-Mail-Daten erhalten muss. Dann stellte sich heraus, dass viele Daten bereits gelöscht wurden. Nun verweigert Scheuer die Kooperation mit dem zuständigen Ermittlungsbeauftragten. Als Abgeordneter verfügt Scheuer über weitere E-Mail-Accounts, über die vermutlich relevante - dienstliche - Korrespondenz lief. Grüne, Linke und FDP fordern nun die Herausgabe dieser Daten. Heute gibt es nun dazu eine Sondersitzung.
Scheuer setzt Bundestagsbeschluss zu Tempo 30 nicht um
Vor über einem Jahr hat der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, flächendeckendes Tempo 30 innerorts in Modellversuchen zu testen. Der entsprechende Antrag stammte von den Koalitionsfraktionen als Reaktion auf den Grünen Antrag zur einer Fuß- und Radverkehrsfreundlichen StVO. Freiburg, Coburg und Konstanz haben sich sogar schon im Verkehrsministerium gemeldet, um Modellstadt zu werden. Bonn hat das ebenfalls noch vor. Passiert ist seither allerdings exakt nichts. Im Gegenteil es sieht nicht so aus, als plante Scheuer, die Forderung jemals umzusetzen. In der Antwort auf meine Schriftliche Frage zu der Sache, behauptet das Ministerium dreist, es sei nicht zuständig. Dem entgegen hat das es durch seine nachgeordnete Behörde, die BASt, etwa zum Grünpfeil ebensolche Modellversuche durchgeführt. Peinlich, wenn ein Minister nicht mal die absolut abgespeckten Minimal-Forderungen seiner eigenen Koalition umsetzt.
Wo ich diese Woche sprechen werde:
Als verkehrspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion werde ich regelmäßig zu unterschiedlichsten Themen der Verkehrspolitik eingeladen, um unsere grüne Linie zu diskutieren. Insbesondere im Wahljahr dienen diese Veranstaltungen der Orientierung für die verschiedenen Verkehrsbranchen, aber auch für Bürgerinnen und Bürger, um zu erfahren was sie von uns Grünen erwarten können und wofür wir stehen. In dieser Woche war ich am Mittwoch bereits beim Zentralverband Baugewerbe zum Thema "100 Tage Autobahn GmbH". Eine spannende Diskussion mit meinen MdB-Kollegen der anderen Parteien, in der ich sehr deutlich gemacht habe, dass die enorme Kostensteigerung bei der Schaffung und dem Betrieb der Autobahn GmbH weder nachvollziehbar noch akzeptabel ist. Eine Vielzahl von Projekten wird weiterhin von den Ländern geplant und umgesetzt - eine teure Doppelstruktur.
Heute tagt das Deutsche Verkehrsforum, als übergreifender Interessenverband für alle Verkehrsträger. Hier geht es insbesondere um die Schwerpunkte der jeweiligen Wahlprogramme. Klar, dass mein Hauptaugenmerk hier auf der Verkehrswende liegt, wobei das Verkehrsträger-Silodenken endlich beendet werden muss und verkehrsträgerübergreifend das drängendste Problem, die Klimakrise angegangen werden muss.
Morgen wird es etwas interaktiver: Beim emO-Bürgerdialog spreche ich mit BürgerInnen und Bürgern über das Thema Autonomes Fahren - ein Thema was viele Potenziale für Verkehrseffizienz und Verkehrssicherheit mit sich bringen kann, aber auch diverse Herausforderungen hinsichtlich des Daten- und Verbraucherschutzes noch klärungsbedürftig sind.
Bleiben Sie gesund
Stefan Gelbhaar